09

Jan 2018

Gute Übersetzung gestern, heute und morgen

Die Digitalisierung erobert unser Privatleben, und in der modernen Arbeitswelt ist die digitale Revolution längst angekommen. Was langsam, einfach und persönlich begann, wird inzwischen von digitalen Tools bestimmt. So auch die Arbeitsbeziehung zwischen „König Kunde“ und Übersetzer. Betrachten wir die Entwicklung der letzten 30 Jahre doch einmal genauer und werfen auch noch einen Blick in die Zukunft…

Professioneller Übersetzer im Jahr 1985

Da war einmal ein Kunde, nennen wir ihn Herr König, und ein gelernter Übersetzer, Herr Linguist, die gemeinsam das Projekt „Übersetzung“angingen. Herr König benötigte eine englische Version eines wichtigen Vertrags, rief Herrn Linguist an und bekam die Auskunft: „Ja, den Vertrag können Sie mir gerne zuschicken. Danke für den Auftrag.“ Am Ende des Arbeitstages gab Herr König den Vertrag dann per Briefpost auf.

Die Postzustellung war erfreulicherweise schnell: Der Übersetzer begann am nächsten Morgen mit der Übersetzung. Er wälzte Wörterbücher und tippte den Text in seine Schreibmaschine. Wäre es ein wissenschaftlicher Text gewesen, hätte er sogar noch in der örtlichen Bücherei nach entsprechender Fachliteratur suchen und sich eingehend damit beschäftigen müssen. Aber die Übersetzung des Standardvertrags ging ihm leicht von der Hand und so konnte er die frisch getippten Seiten am nächsten Tag zur Post bringen.

Dauer:         4 Tage

Beteiligte:    Kunde und Übersetzer

Rüstzeug:    Telefon, Kopierer, Papier, Schreibmaschine, Briefumschläge und -marken, Wörterbücher

Profi-Übersetzung im Jahr 2000

Inzwischen besaßen sowohl Herr König als auch Herr Linguist einen Computer. Und darüber hinaus nutzen beide inzwischen das Internet. Moderne Zeiten! Dass ein Bill Gates in den USA sich mit seinem Textverarbeitungsprogramm namens Microsoft Word in der Welt so durchgesetzt hatte, dass auch noch alle einheitlich mit dieser Software arbeiteten, erleichterte die Sache zusätzlich.

Anfangs hatten Kunde und Übersetzer die Aufträge noch per Telefax abgewickelt, was allerdings immer noch recht viel Papier verbrauchte. Aber nach und nach verfügte jeder über eine ständige Internetverbindung und damit über ein weiteres Kommunikationswerkzeug – die E-Mail. Nun konnte Herr König am Firmencomputer seinen Vertrag aufsetzen, sogar jederzeit noch ein paar Änderungen und Ergänzungen einfügen und das fertige Dokument per E-Mail-Anhang an Herrn Linguist senden. Sofort machte sich dieser an die Übersetzung des Textes und forschte im Internet nach Fachbegriffen und Vokabeln, was natürlich viel schneller ging, als in diversen Wörterbüchern zu blättern.

Kaum war die Übersetzung fertig, wurde das Dokument von noch einmal gegen gelesen und lektoriert. Korrekturen oder Verbesserungen konnte der Übersetzer oder der fachlich kompetente Lektor in Word ja zügig vornehmen, um dann die fertige Übersetzung per E-Mail an Herrn König zu senden.

Dauer:         1 bis 2 Tage

Beteiligte:    Kunde und Übersetzer

Rüstzeug:    Computer mit Internetanschluss, (Wörterbuch)

Übersetzungsprogramme und Projektmanagement im Jahr 2015

Jetzt hat sich da eine nette junge Dame eingeschaltet, wobei ein Projektmanager (PM) nicht zwangsläufig jung und weiblich sein muss. Aber geschickt muss Frau PM sein, denn sie jongliert mit Terminen, Tools und allen Beteiligten, damit der Auftrag des Kunden schnell und in bester Qualität abgewickelt wird. Sobald sie mit Herrn König die Details besprochen und den Text per E-Mail erhalten hat, koordiniert sie die Textaufbereitung für die computergestützte Übersetzung (Computer-Aided Translation, CAT) und leitet den Auftrag an den Übersetzer weiter. Diese Tool gestützte Übersetzungstätigkeit ist dann besonders sinnvoll, wenn der Kunde Wert legt auf die Verwendung einer einheitlichen Begrifflichkeit über unterschiedliche Texte und Sprachen hinweg.

Dieser freut sich, in dem Übersetzungsprogramm schon Vokabeln (Termdatenbank, TERM, TDB) und vorübersetzte Sätze bzw. Satzteile (Translation Memory, TM) vorzufinden und schreibt die Übersetzung in einzelne Segmente (Sätze, Überschriften) unterteilt direkt auf den Server. Meist hat er sich zur gleichzeitigen Recherche im Internet längst einen zweiten Monitor auf den Schreibtisch gestellt. Für zukünftige Übersetzungsaufträge des Kunden nimmt der Übersetzer wiederkehrende Fachbegriffe in die Termdatenbank auf, so dass nachfolgende Übersetzungsaufträge schneller und in einer sprachlichen Einheitlichkeit erledigt werden können.

Sobald der Übersetzer die Qualitätskontrolle in der Übersetzungssoftware vorgenommen hat, gibt er per Tastendruck das fertige Dokument auf dem Server frei, so dass Frau PM wieder übernehmen kann. Nun wird der Text je nach Kundenwunsch lektoriert, grafisch aufbereitet oder druckfertig gesetzt, um anschließend pünktlich geliefert zu werden.

Dauer:         1 Tag

Beteiligte:    Kunde, Projektmanager und Übersetzer

Rüstzeug:    Computer mit Internetanschluss, Software

Übersetzungen in der Zukunft

Als Beteiligte immer noch dabei: Herr König, Frau PM und Herr Linguist. Was hier kompliziert aussieht, wird dazu beitragen, zukünftig noch schneller eine verbesserte Qualität zu liefern und für komplexe Aufträge noch besser gerüstet zu sein. Wie zuvor werden dem Übersetzer die TERM und das TM zur Verfügung stehen. Immer mehr im Kommen ist als weiteres Hilfsmittel die maschinelle Übersetzung (MÜ oder MT für maschine translation), ob adaptiv = lernfähig oder neuronal = programmiert in Richtung künstlicher Intelligenz.

Im Gegensatz zur Übersetzung durch einen Menschen können Übersetzungsprogramme nur das übersetzen, was sie gelernt haben, bzw. womit sie gefüttert wurden. Maschinelle Übersetzung übersetzt nicht idiomatisch, d.h. die Bedeutung von idiomatischen Ausdrücken wie „Kind und Kegel“ kann die Maschine nicht aus der Übersetzung der einzelnen Wörter herleiten. Auch erkennt die Maschine keinen Humor, Ironie oder Metaphern. Sie übersetzt immer nur jedes einzelne ihr bekannte Wort, wodurch die Übersetzung durch kostenlose Online Übersetzungsprogramme immer bruchstückhaft und in den seltensten Fällen inhaltlich korrekt ist.

Content Enrichment schafft Verbindungen

Das Content Enrichment arbeitet mit Schlüsselwörtern/Metadaten und wird automatisch fleißig gefüttert, wann immer neue Inhalte erstellt werden. Es kommt zum Einsatz, wenn große Datenmengen gesammelt, strukturiert und verlinkt werden, so dass jeder Nutzer in aufbereiteter Form von allem profitiert, was bereits von ihm oder anderen geschrieben und benannt wurde. Dadurch werden Inhalte „angereichert“ und in Verbindung zueinander gesetzt, so dass inhaltliche Beziehungen identifiziert und Kontext erzeugt wird.

Lights Out Management stellt Server Aktivität sicher

Und damit all diese Tools auch dann zur Verfügung stehen, wenn niemand mehr im Büro bzw. in der Nähe des Servers ist, wird das Lights Out Management (LOM) eingesetzt. Dafür braucht man dann doch noch einen Menschen: Frau PM oder ein anderer Beauftragter sorgt per Fernzugriff dafür, dass der Server rund um die Uhr zuverlässig läuft. Wenn Herr Linguist also am Sonntag mit der Übersetzungssoftware auf dem Server arbeiten möchte und es dort ein Problem gibt, informiert er Frau PM, die dann – von wo auch immer sie sich gerade befindet – den Server bedienen kann. Da staunt der Übersetzer und denkt: „It’s magic!“

Dauer:         einige Stunden

Beteiligte:    Kunde, Projektmanager und Übersetzer

Rüstzeug:    Computer mit Internetanschluss, Software und IT 4.0

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