20
Sep 2018
Übel übersetzt – falsche Übersetzungen – Teil II
Politische Übelsetzungen sind Thema unseres zweiten Teils über falsche Übersetzungen, die Geschichte machten: Eine Aussage, die den Kalten Krieg noch kälter machte sowie vermeintliche Unhöflichkeiten zwischen Frankreich und den USA.
Wer oder was soll wen oder was begraben?
„In Europe and America, there’s a growing feeling of hysteria
Conditioned to respond to all the threats
In the rhetorical speeches of the Soviets
Mr. Khrushchev said we will bury you“
„Wir werden euch begraben!“ – Das Zitat aus Stings Lied Russians stammt vom sowjetischen Regierungschef Nikita Chruschtschow. Genauer gesagt übersetze sein Dolmetscher Viktor Sukhodrev im November 1956 diesen Satz, während Chruschtschow eine Ansprache in Moskaus polnischer Botschaft hielt. Er sprach in seiner Rede westliche Ambassadeure an. Der Satz machte Schlagzeilen und kühlte die Beziehungen zwischen der Sowjetunion und den USA noch weiter ab.
Der Zusammenhang, in dem Chruschtschow den Satz äußerte, war folgender: „Нравится вам или нет, но история на нашей стороне. Мы вас закопаем.“ Auf Deutsch: „Die Geschichte ist auf unserer Seite, ob es euch gefällt oder nicht, wir werden euch begraben.“ Die Botschaft soll gewesen sein, dass der Kommunismus den Kapitalismus überleben werde. Chruschtschow habe sich dabei auf folgende Passage in Karl Marx‘ „Manifest der Kommunistische Partei“ bezogen: „[Die Bourgeoisie] produziert vor allem ihren eigenen Totengräber.“ (1848, S. 474) Offenbar wollte Chruschtschow damit keine Drohung aussprechen, auch wenn seine Worte nicht gerade von der beruhigensten Art gewesen sind. In einer Rede aus dem Jahr 1963 versuchte Chruschtschow, die Wogen zu glätten: „I once said, „We will bury you,“ and I got into trouble with it. Of course we will not bury you with a shovel. Your own working class will bury you.“
Wie die Aussage letztendlich zu übersetzen gewesen wäre, bleibt fraglich: Andere Autoren schlagen die Übersetzungen „We shall be present at your funeral“ und „We shall outlive you“ vor.
Aus Fragen werden Forderungen
Im Jahr 1830 stoppten Verhandlungen zwischen Washington und Paris kurzzeitig, als eine Übelsetzung eine vermeintliche Unhöflichkeit zwischen den französischen und den US-amerikanischen Regierungschef gepflanzt hatte: „le gouvernement français demande“ kam im Sekretariat der USA als „the French government demands“ („die französische Regierung fordert“) an.
Etymologisch gesehen stammen das englische demand und das französische demander vom lateinischen Wort demandare („anvertrauen, übertragen“) ab – was auf „Vulgärlateinisch“ übrigens „fragen, verlangen, anfordern“ bedeutete. Die wörtliche Bedeutung von demandare ist „um ein Recht bitten“. Die französische Bedeutung („fragen“) ist, etymologisch gesehen, also eng mit der englischen Bedeutung („fordern“) verwandt.
Die Kocarek GmbH versorgt Sie auch weiterhin mit korrekten Übersetzungen.