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Mai 2020

Der Chatbot-Nutzer und sein Geschlecht

Warum es wichtig ist, für einen Chatbot eine Persona zu definieren, haben wir detailliert in diesem Artikel beschrieben: Besonders bei mehrsprachigen Bots ist die Definition einer Persona wichtig, da in manchen Sprachen unterschiedliche grammatikalische Formen für das weibliche und das männliche Geschlecht verwendet werden müssen.

Doch auch das Wissen über das Geschlecht des Chatbot-Nutzers kann für manche Sprache von Bedeutung sein: Im Slawischen ist es bei der Verwendung der ersten Person relevant, das Geschlecht zu kennen. Genauso ist es für die korrekte Ansprache in der zweiten Person entscheidend zu wissen, welches Geschlecht das Gegenüber hat. Als einziger Ausweg bleibt hier das Umformulieren von Output-Texten, in denen das Geschlecht des Nutzers grammatikalisch kodiert ist. Zum Beispiel durch Ausweichen auf das förmliche „Sie“ oder passive Satzkonstruktionen o.ä. Es besteht jedoch die Gefahr, dass durch diese redaktionellen Eingriffe der Output des Bots unnatürlich oder gezwungen wirkt. In diesem Fall hilft das Gespür eines Muttersprachlers.

Chatbot Texte an das Geschlecht anpassen

Was nun also, wenn wir der Festlegung auf ein Geschlecht nicht künstlich aus dem Weg gehen wollen? Die nahe liegende Lösung ist, dass der Bot zu Beginn des Gesprächs versucht, das Geschlecht zu ermitteln. Möglich wäre eine freundliche Begrüßung gepaart mit der Erfragung des Vornamens des Nutzers. Antwortet der Nutzer mit seinem Vornamen, dann können in den meisten Kulturkreisen Rückschlüsse auf das Geschlecht des Nutzers gezogen werden. Mit diesem Trick, lassen sich Blamagen vermeiden:

Nutzer: „Ich bin Erik“ Prediction:{Name[Erik], Gender[♂]}
Nutzer: „Я – Саша!“ Prediction:{Name[саша], Gender[U]}
Bot: „Какая у тебя фамилия?“
Nutzer: „Иванова“ Prediction:{Name[саша], Lastname[Иванова], Gender[♀]}

Um dieses Vorgehen technisch zu realisieren, muss auf eine zuvor angelegte oder gekaufte Datenbank zugegriffen werden. Dort werden die Namen und das entsprechende Geschlecht definiert. Wird der Bot während des Chats dann mit einem Unisexnamen oder einen gänzlich unbekannten Namen konfrontiert, so muss der Bot entweder die Wahl statistisch treffen – beispielsweise durch Maschine-Learning-Lösungen – oder er muss eine höfliche und vorsichtige direkte Rückfrage an den Nutzer stellen. Denkbar wäre hier eine Bestätigungsfrage, wie man es auch aus einem E-Mail-Schriftverkehr kennt:

Nutzer: „Mein Name ist Kim Lee.“ Prediction:{Name[Kim], Lastname[Lee], Gender[♀]}
Bot: „Danke sehr. Ich halte also fest, Frau Kim Lee?“
Nutzer: „Nein Herr.“ Overwrite:{Name[Kim], Lastname[Lee], Gender[♂]}
Bot: „Entschuldigung. Herr Kim Lee.“

In diesem Zusammenhang ist bei mehrsprachigen Bots zu klären, ob der Bot bei allen Sprachen gleich reagieren soll. Oder könnte es beispielsweise im Japanischen ratsamer sein, die Höflichkeitsform zu verwenden, während der deutschsprachige Bot seine Nutzer möglicherweise duzt? Falls das Geschlecht des Nutzers in einer Sprache irrelevant für die Antworten des Bots ist, so sollte diese Funktionalität in der entsprechenden Sprache komplett zu deaktiviert werden.

Lokalisierung und Geschlecht

Bei mehrsprachigen Chatbots spricht man deshalb auch nicht von einer Übersetzung, sondern von einer Lokalisierung. Denn eine einfache Übersetzung kann niemals die spezifischen Sprachgewohnheiten der Zielgruppen in den fremdsprachigen Ländern berücksichtigen. Damit ein Bot die Erwartungen aller fremdsprachlichen Nutzer erfüllt, müssen sowohl die grammatikalische Formen als auch die spezifischen Sprachgewohnheiten der jeweiligen Zielgruppen korrekt angewendet werden.

Weitere Informationen zum Thema Chatbot und Persona finden Sie auf unserem Videokanal bei YouTube.

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